Reality-Layering:
Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt

Unsere Realität war noch nie so konfigurierbar und erweiterbar wie heute. Wem etwas nicht passt, der lädt sich einen Layer auf seine Smartglasses und schon ist das Problem gelöst. Zumindest wird das gerne behauptet. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Konnten wir die SocialMedia-Welt noch als einen luftigen Haufen zusammenprallender Filterblasen betrachten, haben Reality-Layer das Zeug zur individuellen Gummizelle. Eine Entwicklung, die wir uns genauer anschauen sollten…

Vor einigen Jahren hätte diese Erfolgsgeschichte niemand erwartet, aber Smartglasses sind heute aus unserem Gerätepark nicht mehr wegzudenken und machen sogar dem altehrwürdigem Smartphone Konkurrenz. Viele Trendanalysten sagten den Brillen ein dauerhaftes Schattendasein voraus. Brillen tragen war uncool und diente eher der Leistungskontrolle und -optimierung in geeigneten Berufsfeldern.
Doch die Situation hat sich geändert. Die Technik ist ausgereift, die Geräte elegant wie eine normale Brille und die ultra-detaillierte digitale Erfassung unserer Welt hat in den letzten fünf Jahren einen riesigen Sprung gemacht und damit neue Anwendungsmöglichkeiten eröffnet.
Spätestens die Einführung der ziemlich innovativen ‚ME/yes‘ von BQQ brachte den Massenmarkt in Bewegung. Der Slogan ‚Es sind deine Augen‘ und die neuen Möglichkeiten dieser Brille machte vielen Menschen schlagartig das Potential dieser Technologie klar. Plötzlich waren Smartglasses kein abseitiger Techkram mehr, sondern coole Brillen, die die Welt so umgestalten können wie es den Nutzern gefällt.

Lisa Marizin und Tomas Drawy gehörten zum Entwicklerteam von ‚ME/yes‘ und arbeiteten dort an der leistungsfähigen Layer-Engine. Heute sind sie unabhängige Layer-Designer und betreiben die Vertriebsplattform freeform.mix.
Wir sprechen mit den beiden über die massiven gesellschaftlichen Auswirkungen von Reality-Layern und ihrer Vorstellung einer sinnvollen Nutzung dieser fasziniernden Technologie.

Euer Motto auf freeform.mix lautet ‚Die Realität ist tot, es lebe die Realität‘. Warum ist euch Kontinuität so wichtig, dass ihr ein Motto daraus macht?

Lisa: Nun ja, immer wenn es um neue Technologien geht, stehen erstmal die Brüche und Veränderungen im Vordergrund, die durch sie hervorgerufen werden. Den einen macht das Angst, die anderen können es kaum erwarten. Generell kann man aber feststellen, dass sich die meisten Menschen einen ruhigen Fluss des Lebens und kein hektisches Hin- und Her wünschen. Wer heute noch begeistert von Disruptionen spricht, wird mitleidig angeschaut oder gleich rausgeworfen.
Wenn wir in den letzten Jahrzehnten der hektischen Transformationen eines gelernt haben, dann dass die Menschen bleiben Menschen, egal wieviel Technik man um sie herum baut. Sie sind die Konstante… mit ihrer Leidenschaft, ihren Stärken und Schwächen.
Insofern bedeutet uns dieser Spruch viel, denn er zeigt in die Zukunft ohne die fundamentale Konstanten des Menschseins zu verleugnen.

Menschen bleiben Menschen, egal wieviel Technik man um sie herum baut.

Tomas: Und wir möchten damit auch für Entspannung im aufgeheizten Diskurs um Reality-Layer plädieren. Hysterie bringt keinen weiter. Es ist sicher zutreffend, dass noch kein bisheriges Medium so eine intime Beziehung zum Menschen aufbauen konnte. Mit dem direkten Zugriff auf unser Erleben wächst die Verantwortung genauso wie die Chance uns nachhaltig weiterzuentwickeln. Das ist nicht der Weltuntergang, sondern eine Aufgabe, der wir uns stellen müssen. Aber es scheint Menschen zu geben, die genau wissen was Realität zu sein hat und diese – ich nenn sie mal Realitätsfundamentalisten – erklären mit Vorliebe den aktuellen Stand zur letztgültigen Form. Das ist überheblich…. und es ist falsch. Unsere Realität ist weich wie Wachs. Sie verändert sich permanent. Menschen haben schon immer das Materielle um eine fiktionale Ebene erweitert, um sich die Welt zu erklären oder sich in ihr als Kollektiv zu organisieren. Sei es die Fiktion einer Gottheit, des Geldes, der Kunst oder der Nationalstaaten. Wenn es nun ein neues Medium gibt, dann verändern sich auch die Geschichten, die sich die Menschen erzählen können und damit werden wir uns in etwas Neues verwandeln. Wir wissen nicht, was das sein wird und das müssen wir auch nicht… es reicht, wenn wir uns hier und jetzt damit beschäftigen und versuchen etwas Sinnvolles und Hilfreiches zu schaffen.

Lisa: Genau, für uns sind Layer ein Pfad hin zu umfassendem Individualismus … nicht im Sinn einer Konsumbeschleunigung oder als esoterisches Versprechen, sondern als neuem selbstbestimmtem Persönlichkeitszustand.

Aber blendet ihr mit dieser Haltung nicht viele sehr unangenehme Entwicklungen aus? Die könnt ihr ja nicht einfach ignorieren.

Lisa: Nein, das tun wir sicher nicht. Es gibt sehr verwirrende und erschreckende Entwicklungen, da hast du absolut Recht. Natürlich erwarten wir ein entschiedenes Vorgehen gegen rassistische und sexistische Layer. Und natürlich besteht die Gefahr durch Layer in einem hermetischen Weltbild eingeschlossen zu werden. Wer sich so direkt und dauerhaft in einer einseitig kommentierten Welt befindet, wird sich dem nur schwer entziehen können…und will das vielleicht auch gar nicht. Da entsteht ein Kreislauf, der stärker sein kann als jede SocialMedia-Filterblase es je gewesen ist. 

Tomas: Und die Möglichkeiten werden ja nicht nur von politischen Extremisten, Sekten oder Verschwörungstheoretikern genutzt. Der magische ’Reiz’ solcher Layer hat sich schnell rumgesprochen. Jede Partei, jede NGO, jede Marke, wahrscheinlich sogar jeder lokale Sportverein bietet inzwischen einen ‚Informationslayer‘ an, um den Menschen die Welt zu erklären. ‚Embedded Individual‘ wird inzwischen von jedem drittklassigem Marketing-Berater als neues Heilsversprechen angepriesen.  

‚Embedded Individual‘ wird inzwischen von jedem drittklassigem Marketing-Heine als neues Heilsversprechen angepriesen.  

Lisa: Und vergiss nicht die unendliche Zahl der Spaß-, Spiel- und Beauty-Layer. Es gibt Jugendliche, die schon jahrelang in einer quitschbunten Disney-Welt leben. Wenn du ihnen die wegnimmst, wirst du merken, welche Bindungskraft solche Layer haben können. Ja… es gibt wirklich viele unangenehme Entwicklungen und wir haben sie uns sehr genau angeschaut.

Aber wenn die Situation so düster ist, wäre es da nicht besser, diese Technologie gleich ganz abzuschalten? Rhetorische Frage. Ich weiß, dass das nicht passieren wird. Aber glaubt ihr wirklich, dass ihr dieser Entwicklung etwas entgegensetzen könnt?

Tomas: Tja, wir versuchen es. Flucht nach vorne mit konstruktiven Beiträgen, statt jammernd in die Ecke stehen – das ist unser Ansatz. Nur wenn wir zeigen wie ein sinnvoller Einsatz von Layern aussieht, kann sich die Situation auch verbessern. Heute würde niemand mehr Fotografie verbieten wollen, da es auch unangemessene Fotos gibt und Fotos unsere Gesellschaft überhaupt total verändert haben. Das war aber ein langer Prozess … dafür haben wir als Weltgesellschaft viele grundlegende Aspekte der Fotografie durchleuchtet und können heute gut mit ihr umgehen und sie für uns nutzen. Genau das muss jetzt mit den Layern passieren. Wir müssen lernen mit ihnen umzugehen… und das so schnell wie möglich.

Lisa: Und die Menschen werden besser darin, Technologien zu bewerten und zu integrieren – davon bin ich überzeugt. Eben keine Disruption mehr, sondern ein zielgerichteter gemeinschaftlicher Prozess. Wir hatten einige Gelegenheiten zu üben und auch wenn es gerade nicht so aussieht, die Abwehrmechanismen gegen solche Fehlentwicklungen funktionieren immer besser. Und noch etwas möchte ich zu bedenken geben: Viele Layer sind ohne Zweifel zutiefst frustrierend und sie machen mich wütend, aber sie sind auch Ausdruck der Verfassung unserer Gesellschaft, vielleicht sogar des Menschseins an sich. Hat Technologie hier nur etwas Vorhandenes sichtbar gemacht oder wird es durch sie erzeugt und verstärkt? Leider gibt es darauf keine einfache Antwort. Aber der erste Reflex ist immer, es auf die Technik zu schieben – meiner Meinung nach mit der Intention sich nicht mit den tieferliegenden Fragen beschäftigen zu müssen. Das ist mir zu einfach und so kann das auch nicht funktionieren.

Hat Technologie hier nur etwas Vorhandenes sichtbar gemacht oder wird es durch sie erzeugt und verstärkt?

Dann lasst uns doch mal über euren Lösungsansatz sprechen. Vor zwei Jahren habt ihr noch den ‚Differenz‘-Award für eure außergewöhnlichen Realitätstransformationen erhalten. ‚AustauschHimmel‘, ‚Kantenplasma‘, ‚LiebesLayer‘ – mir gefielen die Namen dieser Arbeiten. Euer neuer Layer heißt einfach nur _ und ich habe ihn einen Tag lang getragen. Er hatte seine Wirkung auf mich, aber es würde mir schwer fallen seine Arbeitsweise zu beschreiben. Ist diese Zurückhaltung in Name und Ausführung eure Antwort auf die Probleme?

Lisa: Ja, das ist sie. Der Name soll ganz bewusst keine Erwartungen wecken oder Versprechungen machen. Wir möchten, dass jeder Nutzer seine ganz persönlichen Erfahrungen macht. So ist der Layer grundlegend konzipiert.

Tomas:  Und zur Umsetzung möchte ich sagen: es ist immer einfach, dick aufzutragen – die kreativen Möglichkeiten sind enorm und das Überwältigungspotential groß. Auch wir haben in unseren früheren Layern so gearbeitet – aber das nutzt sich schnell ab. Aber hier wollten wir etwas schaffen, dass sich über einen langen Zeitraum gewinnbringend einsetzen lässt. Uns wurde schon früh im Entstehungsprozess klar, dass Zurückhaltung das Fundament sein muss, auf dem wir unsere Arbeit aufbauen. Das ist auch der Grund dafür, dass wir bis auf wenige Ausnahmen nur Vorhandenes bearbeiten.

Mir ist es aufgefallen: Keine Einblendungen, keine Informationen, keine Kommunikation – aber diesen Ansatz haben auch schon andere Layer verfolgt. Was ist neu an eurem?

Tomas: Grundlegend neu ist die Idee sicher nicht. Aber das war auch nicht unser Anspruch. Im Gegenteil. Als wir mit der Arbeit anfingen, haben wir viel über die ursprüngliche Idee hinter ME/yes nachgedacht, also einer Brille, die wie eine Sonnenbrille den Blick auf die Realität angenehmer macht. Diesen Ansatz wollten wir perfektionieren. Aber anders als eine Sonnenbrille reagiert unser Layer nicht nur auf Licht, sondern auf eine Unzahl von Parametern:  Farben, Formen, Objekte, Klänge, Stimmen, Tageszeit, Ort, Wetterbedingungen, Fortbewegung, Kopfbewegungen, Musikauswahl, medizinische Daten, soziale Parameter und noch einiges mehr.

Wir wollten stattdessen eine tiefgreifende und umfassende Verbesserung erreichen, sozusagen ein individuelles On-the-fly-Mastering der Realität.

Lisa: Auf den ersten Blick mag er sehr unaufgeregt daherkommen, aber er ist die mit Abstand aufwändigste Arbeit, die wir bisher realisiert haben. Der Entwicklungsprozess war sehr komplex – eine dauerhafte kreative Reduktion sozusagen. Doch die größte Herausforderung war und ist es immer noch, herauszufinden, was eigentlich ‚Verbesserung‘ bedeutet. Bei einer Sonnenbrille ist das relativ klar. Du möchtest nicht geblendet werden, aber was bedeutet das, wenn du im Prinzip alle Aspekte der Realität verändern kannst. Man könnte meinen, dass auch das recht eindeutig ist. Ein Party-Filter macht alle Anwesenden ein bisschen attraktiver. Ein SchönWetter-Filter rechnet den grauen Himmel wolkenlos. Aber das ist viel zu vereinfachend. Wir wollten stattdessen eine tiefgreifende und umfassende Verbesserung erreichen, sozusagen ein individuelles On-the-fly-Mastering der Realität.

Das klingt sehr ambitioniert und beeindruckend. Aber ich kann mir trotzdem nicht so recht vorstellen, was das genau bedeuten soll?

Tomas: Ehrlich gesagt, wir wissen das im Einzelfall auch nicht genau. (lacht) Der Layer reagiert individuell auf Dich. Ein Beispiel: du kommst auf eine Party. Du bist nicht gut drauf, willst eigentlich nicht feiern und sehnst Dich stattdessen nach einem angenehmen Gespräch. Diese Informationen kann das System aus deinem sozialen Verhalten oder deinen medizinischen Daten ableiten. Das ist sozusagen eine Arbeitshypothese mit der wir dann versuchen deine Abendgestaltung optimal zu unterstützen.

Lisa: Der Layer verhält sich zu jeder Zeit offen, seine Wirkungsweise lässt sich also nicht so einfach vorhersagen. Nehmen wir nochmal die Partysituation als Beispiel: Anders als bei den üblichen Beauty-Layern machen wir nicht unbedingt alles schöner, sondern wir arbeiten die Individualität der Anwesenden heraus. Kleine Besonderheiten werden nicht verdeckt, sondern in einem positivem Sinne hervorgehoben. Wir kümmern uns auch um die Klangkulisse, wenn du InEars nutzt. Dann dimmen wir vielleicht die Musik, damit du Dich besser auf die Stimmen konzentrieren kannst. Du erinnerst Dich: Die Arbeitshypotese lautet, dass du Dich unterhalten möchtest. Gleichzeitig werden die Stimmen herausgearbeitet, damit sie besser verständlich sind. Im nächsten Schritt hilft Dir der Layer, Dich zu fokussieren.. Bestimmte Personen oder Ereignisse werden betont, während andere in den Hintergrund rücken – sehr subtil, wohlgemerkt. Und dabei versuchen wir im Hintergrund ganz allgemein dein Befinden zu verbessern, indem wir Farben und Lichtverhältnisse optimieren, Geräuschkulissen aufräumen, Bewegungen sanfter aussehen lassen, die Aggressivität und Hektik in einer Situation reduzieren. Oder auch genau andersherum. Wenn du einen kleinen Hänger hast, kann Dir das System einen Schubs geben, indem es die Dynamik verstärkt.

Tomas: Sehr wichtig ist uns, dass wir für all das nur Informationen nutzen, die du selbst lieferst. Sobald unser Layer merkt, dass er Dir in der Situation nicht weiterhilft, unterstützt er den Prozess deiner Neuausrichtung. Das ist ein großer Unterschied zu den allermeisten Layern da draußen – die nehmen keine Rücksicht auf Dich und nötigen Dir stattdessen ihre Weltsicht auf.

Aber in dieser Vielschichtigkeit verbirgt sich auch ein hohes Risiko der Missinterpretation. Da kann einiges schief laufen. Wie stellt ihr sicher, dass ihr die Wirkung erzielt, die vom Nutzer wirklich erwünscht ist?

Lisa: Das können wir nicht. Menschen wissen oft selbst nicht, was sie wollen. Woher sollen wir es dann wissen? Unser Layer ist ein experimentelles Angebot und kein Versprechen auf immerwährende Glückseligkeit. Wem dessen Arbeitsweise zusagt, der soll ihn gerne nutzen. Tatsächlich stellt der Layer seine Arbeit im Zweifelsfall auch ein. Der Nutzer hat also immer das letzte Wort.

Unser Layer ist ein experimentelles Angebot und kein Versprechen auf immerwährende Glückseligkeit.

Tomas: Trotzdem haben wir im Vorfeld natürlich versucht seine Reaktivität soweit wie möglich zu optimieren. Dafür gibt es sehr gute Werkzeuge. Wir haben zum Beispiel den Situator eingesetzt, mit dem automatisiert komplex simulierte Individuen auf variable Lebenssituationen abgebildet werden können. Stimmt die Anpassung der Lichtverhältnisse? Wie muss der Raumklang geändert werden? Wie ist die individuelle Reaktion auf Objektveränderungen? Auf optimierte Personen? Das war sehr hilfreich und hat die Layer-Qualität sehr, sehr verbessert.

Eine Sache hat mich gewundert. Trotz aller Zurückhaltung hat mich euere Layer in unregelmäßigen Abständen mit kleinen Störern irritiert. Warum macht ihr das?

Lisa: Bei diesem Punkt waren uns bei der Entwicklung lange nicht sicher. Einerseits wollten wir den Layer so unaufdringlich wie möglich gestalten, andererseits wollten wir auch seine Existenz nicht verleugnen. Letztlich hat uns das kreative Störungssystem von Matic Dubjovic die Entscheidung abgenommen. Wir waren davon so begeistert, dass wir es lizensiert und in unseren Layer eingebaut haben. Es ist jetzt so parametrisiert, dass die Irritationen am Rand der Wahrnehmungsschwelle stattfinden. Was genau passiert, entscheidet das System situativ. Das können Lichtstörungen, Verzerrungen, Mikroartefakte, Klangtransformationen oder sonst etwas sein. Ich finde, es arbeitet unglaublich gut und erinnert im richtigen Moment dezent daran, dass man sich in einer gelayerten Realität befindet.

Hmm, irritiert hat es mich auf jeden Fall. Ich bin mir aber nicht sicher, ob mir der Ansatz gefällt. Die Idee ist löblich, mich an die Nutzung des Layers zu erinnern, aber die Umsetzung wirkt auf mich aufgesetzt. Oder besser: ich fühle mich auf eine unangenehme Art belehrt.

Tomas: Oh… danke für die offenen Worte. Du bist nicht der Erste, der das sagt. Wenn wir die Rückmeldungen bisher so anschauen, gehörst du zu den ca. 40%, die den Ansatz nicht mögen. Die anderen sind begeistert. Wir diskutieren deshalb gerade, ob wir das Störungssystem optional abschaltbar machen. Wäre das auch eine Lösung für Dich?

Ja, ich denke schon und es ist erfreulich, dass ihr Feedback so direkt aufnehmt...
Zum Schluss möchte ich noch kurz über ein weiteres Projekt von euch sprechen. Vor zwei Jahren habt ihr freeform.mix gestartet und bietet damit auch anderen Layer-Designer eine Vertriebsplattform. Warum ist euch das so wichtig?

Lisa: Für mich schließt das an den Beginn unseres Gesprächs an. Es gibt so viele schlechte oder gefährliche Layer da draußen. Umso wichtiger ist es, guten Arbeiten mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. Die Menschen müssen erleben, welche positiven Auswirkungen Layer auf ihr Leben haben und was ein verantwortungsvoller Umgang mit dieser Technologie bedeutet – vor allem auch im Sinne eines Selbstschutzes der Nutzer. Das ist unsere Mission bei freeform.mix.

Und nach welchen Kriterien sucht ihr die Layer aus?

Tomas: Oh, es gibt da keine goldene Regel. Im Gegenteil. Wir sind offen für alles. Es gibt nur ein Kriterium, dass erfüllt sein muss. Wir müssen ihn nutzen wollen. Er muss unser Leben, unseren Alltag bereichern und nicht mit irgendwas zu kleistern.

Und welche Layer würdet ihr gerade empfehlen?

Tomas: Es gibt viele gute Layer und nicht nur auf freeform.mix… das möchte ich auch mal erwähnen. Aber wenn ich mich entscheiden muss… mir gefällt gerade Different views von John Doorman außerordentlich gut. Der Layer ermöglicht es, Situationen aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten, also wirklich räumlich die Position zu verändern ohne sie wirklich zu verändern. Dieser Perspektivwechsel hilft auf jeden Fall dabei eigene Standpunkte zu hinterfragen.

Lisa: Wirklich nicht einfach, aber Transform von Darius Schäfer hat mich sehr beeindruckt. Hier wird die Realität in einem langsam fließenden Prozess verändert. Im Extremfall ist das ausgesprochen verwirrend, eigentlich ein drogenfreier Trip und auf jeden Fall eine kostbare Grenzerfahrung. Kann ich nur empfehlen! Und wie sieht es mit Dir aus? Hast du gerade einen Favoriten?

Nett, dass ihr fragt… ‚Überall Blumen?‘ von Mark Screpa ist gerade mein Lieblingslayer. Hier wird Müll mit farbenfrohen Blumen überdeckt. Also umso mehr Blumen, desto verdreckter deine Umwelt. Ich finde, dass er damit auf sehr intelligente Weise die zahllosen Verschönerungslayer entlarvt. Wirklich großartig!

Lisa: Oh ja, Marks Arbeiten sind immer sehr beeindruckend.

Tomas: Dem kann ich nur zustimmen. Und ‚Überall Blumen‚ ist besonders gelungen.

Freut mich, dass ihr das auch so seht.
Lisa, Tomas – vielen Dank für das sehr interessante Gespräch!

Markus van Well